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(Foto Gießener Anzeiger)

GIESSEN - (Äat). Das Gießener Klärwerk soll bis spätestens 2015 vom Energieverbraucher zum Energielieferanten werden. Das ist das ehrgeizige Ziel der Mittelhessischen Wasserbetriebe (MWB), die ein Eigenbetrieb der Stadt sind. Schon jetzt wird zum Beispiel mehr Wärme erzeugt, als im Werk verbraucht wird. Einen Teil dieser überschüssigen Wärme können die Stadtwerke abnehmen. Doch das Fernwärmenetz zwischen Lahn und Bahngleisen ist zu klein. Deshalb muss bislang ein Teil der erzeugten Wärme teuer heruntergekühlt werden.

Auch mit der Stromerzeugung soll es vorangehen. Der Leiter der MWB, Clemens Abel, hat bei einer Feierstunde zur 40-jährigen Zusammenarbeit des Gießener Klärwerkes mit dem Wasserverband Kleebachtal aufgezeigt, was sich in nächster Zeit tun soll, damit eine positive Energiebilanz erreicht werden kann. Für Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich ist ein solches Ergebnis aus Gründen des Umweltschutzes höchst effektiv. Sozusagen nebenbei helfen neue Techniken auch dabei, den Preis für die Klärung des Abwassers möglichst stabil zu halten.

Die einfachste Lösung, Wärme besser zu nutzen, ist die Erweiterung des Leitungsnetzes. Deshalb soll der Hollerwegtunnel, der in Höhe der neuen Veterinärklinik die Bahngleise unterquert, genutzt werden, um die großen Wärmeverbraucher rund um die Frankfurter Straße, wie etwa die Kliniken, zu erreichen. Dort wird vor allem im Sommer auch sehr viel Kälte gebraucht, die problemlos über Wärmetauscher erzeugt werden kann. Und für die Zukunft sieht Abel weitere Möglichkeiten, zusätzlich Wärme zu produzieren – etwa durch die Nutzung der Niedrigtemperaturabwärme der Blockheizkraftwerke, thermische Verwertung des Klärschlamms und Wärmenutzung aus gereinigtem Abwasser.

Schon in einigen Wochen soll ein dritter Faulturm in Betrieb gehen. Damit wird noch mehr Klärgas erzeugt, das der Stromgewinnung dienen kann. Außerdem wird in geringen Mengen Erdgas gewonnen. Schon jetzt werden fast 60 Prozent des Strombedarfs selbst erzeugt. Diese Menge soll noch gesteigert werden. Die weitere Möglichkeit ist, den Strombedarf zu senken. Das funktioniert über effizientere, neue Pumpen, Elektroantriebe oder Schaltungen. Neue Gebläse, Belüfter und Rührwerke für die Belebungsbecken verbrauchen spürbar weniger Strom. Das gilt auch für neue Blockheizkraftwerke, die einen erhöhten Wirkungsgrad erreichen, also günstiger Strom erzeugen.

„Das alles ist nur möglich, weil wir hier ein so großes Klärwerk betreiben, in dem Abwasser in einer Menge von 300 000 Einwohnergleichwerten gereinigt werden kann“, meint Abel weiter. Dazu muss ein Kanalnetz von etwa 500 Kilometern unterhalten werden, das vorwiegend im Trennsystem funktioniert, damit das Oberflächenwasser nicht zusätzlich das Klärwerk belastet. Dabei kommen immer neue Aufgaben auf die Betreiber zu. Es wird zum Beispiel wissenschaftlich daran gearbeitet, wie Rückstände aus dem Abwasser geholt werden können. Außerdem wird daran gedacht, Phosphor aus dem Klärschlamm zu gewinnen, denn dessen Förderung ist endlich.

 

(Bericht des Gießener Anzeigers vom 24.10.2013)