Hauptsammler vor der Sanierung

Der Hauptsammler vor der Sanierung

Hauptsammler nach Schlauchliner-Sanierung

Der Hauptsammler nach der Sanierung mit Schlauchliner

Sanierung an Hauptabwassersammler in Gießen

An "Hauptschlagader des Gießener Kanalnetzes" nagt der "Zahn der Zeit". Aufwendige Sanierungsarbeiten zwischen Bahnhofstraße und Klärwerk beginnen Anfang August.

von red

GIESSEN - Schon viele Jahrzehnte für die Bevölkerung unbemerkt leitet der wichtige Hauptsammler das Abwasser der Bewohner aus großen Teilen von Gießen und einigen Orten der Gemeinden Buseck, Reiskirchen, Grünberg und Fernwald in das Gießener Klärwerk und leistet damit wertvolle Dienste.

Die damaligen Arbeiter haben bei der Errichtung des Hauptsammlers eine hervorragende Arbeit geleistet, denn sonst hätte dieser Kanal nicht so lange die wichtige Abwasserbeseitigung vollbringen können. Aber nach 115 Jahren nagt am Kanal nun der Zahn der Zeit, teilt die Stadt mit. Deshalb sanieren die Mittelhessischen Wasserbetriebe (MWB) einen 470 Meter langen Teilabschnitt des mit Klinkermauerwerk gemauerten Großprofilkanales. Der Abwasserkanal in Form eines Ei-Profiles ist etwa 1,95 Meter hoch und etwa eineinhalb Meter breit. Bei den turnusmäßigen Inspektionen durch Begehungen wurden Mängel festgestellt, deren Schadensbild eine kurz- beziehungsweise mittelfristige Sanierung des Kanales zwingend erforderlich machen. Bei diesem Abwasser-Hauptsammler handelt es sich sozusagen um die "Hauptschlagader" des Gießener Kanalnetzes.

Die Sanierung des rund 1500 Meter langen Kanales zwischen Bahnhofstraße/Ecke Alicenstraße und Klärwerk erfolgt je nach Schadensbild abschnittsweise. Ein 140 Meter langer Teilabschnitt zwischen Bahnhofstraße und Sieboldstraße konnte bereits 2018 im sogenannten Schlauchliningverfahren unterirdisch saniert werden. Nun soll ein weiterer Abschnitt mit einer Länge von 470 Metern, im Bereich der Lahn zwischen Henriette-Fürth-Straße und Klärwerk, für die nächsten Jahrzehnte ertüchtigt werden.

Es gibt nur wenige Firmen in Deutschland, die in der Lage sind, eine solch anspruchsvolle, an die Grenze des technisch machbaren, Sanierung durchzuführen. Mit der Firma Aarsleff Rohrsanierung GmbH wurde hierfür ein erfahrenes Unternehmen gefunden.

Die komplette Planung, Projektsteuerung, Ausschreibung und Bauüberwachung wurde beziehungsweise wird von den MWB selbst durchgeführt. Die technisch aufwendigen Sanierungsarbeiten werden Anfang August beginnen und voraussichtlich Mitte November abgeschlossen sein. Um die Sanierungsarbeiten ausführen zu können, muss der Kanal zunächst "trocken gelegt" werden. Das Abwasser wird für den Zeitraum der Arbeiten über eine oberirdisch verlegte Pumpleitung umgeleitet. Dazu wird eine Pumpenstation vor dem Sanierungsabschnitt aufgestellt. Diese fördert das ankommende Abwasser (bis zu 1.600 Liter/Sekunde) und leitet es durch oberirdisch verlegte Stahlrohre auf dem entlang der Lahn verlaufenden Rad- und Fußweg zum Klärwerk. Deshalb ist es erforderlich, den Weg zwischen Hüttenweg und Wieseckmündung für die gesamte Bauzeit zu sperren und eine Umleitung anzubieten. Vor dem Einbau der Schlauchliner sind umfangreiche Vorsanierungen in dem begehbaren Kanal erforderlich. Die Anlieferung der Liner erfolgt frühmorgens mit Schwertransporten von ca. 35 m Länge mit einem Gesamtgewicht von ca. 160 Tonnen.

Der Einbau des aus mit Harz getränkten Synthesefaserliners erfolgt über einen zuvor aufgestellten Inversionsturm mit einer Höhe von sechs Metern. Über diesen Turm werden die beiden bis zu 100 Tonnen schweren Liner mit einer Wandstärke von 34 mm rein durch Wasserkraft in den Kanal eingestülpt. Die Aushärtung des Liners erfolgt anschließend durch Warmwasserhärtung. Für diese Warmwasserhärtung werden eine Million Liter Wasser auf rund 80 Grad erhitzt. Dieser enorme Energiebedarf wird über drei Heizanlagen mit einer Leistung von insgesamt 4500 Kw erzeugt. Die Aushärtezeit des Harzes beträgt drei Tage bei 80 Grad Wassertemperatur.

Geräuschlos können einige Arbeiten leider nicht vonstattengehen. Insbesondere der Einbau der Schlauchliner an zwei Tagen von den frühen Morgenstunden beginnend bis in die Abendstunden hinein kann zu Lärmbelästigungen führen.


(Bericht des Gießener Anzeigers vom 28.07.2021)