Silke Schönauer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Karlsruher Institut für Technologie, Clemens Abel (l.) und Albert Michel mit dem auskristallisierten Phosphordünger.
GIESSEN - (ck). Die globalen Vorkommen sind jedoch limitiert und konzentrieren sich auf nur wenige Staaten. Daher rückt die Wiedergewinnung – im Wesentlichen aus Klärschlamm – immer mehr in den Fokus. Weltweit suchen Forscher nach neuen Verfahren. An einem solchen Projekt wird seit einigen Monaten auch im Klärwerk in Gießen gearbeitet.
Jahrelang wurde Klärschlamm aus den Kläranlagen als Dünger auf die Felder ausgebracht – womit sich der Phoshporkreislauf wieder schloss. Wie Clemens Abel, Chef der Mittelhessischen Wasserbetriebe, und Klärwerksleiter Albert Michel im GAZ-Gespräch erklärten, steige jedoch der Gehalt an Spurenstoffen wie beispielsweise Medikamentenreste, so dass die Bedeutung als Dünger immer mehr abnehme und irgendwann ganz verschwinden werde. Man stehe daher vor der Frage, wie die im Klärschlamm vorhandenen Phosphate, wie Phosphor in der Natur üblicherweise vorkommt, herausgeholt werden könnten, so dass der Bedarf der Landwirtschaft weiterhin gedeckt werden kann. Wichtig dabei: Die Phosphate sollten so vorliegen, dass sie für Pflanzen verwertbar sind und nicht erst durch Einsatz von viel Chemie aus ihren stabilen Verbindungen gelöst werden müssen. Bei der Beantwortung der Frage half ein Phänomen, das im Klärwerk schon zuvor – zudem mit wenig Freude – beobachtet worden war. Aus dem Klärschlamm hatte sich an verschiedenen Stellen ein kristalliner Stoff abgesetzt, der zu Störungen im Betriebsablauf führte. »Eine Untersuchung ergab, dass es sich dabei um Magnesiumammoniumphosphat handelte, ein für Pflanzen sehr gut verfügbarer Dünger, den wir jedoch an den Stellen ganz gewiss nicht haben wollten«, so Abel. Nun werde das phosphatreiche Wasser aus dem Klärschlamm durch Becken mit speziellen Kristallisationskeimen geleitet, an denen sich das Magnesiumammoniumphosphat bei Zugabe von Energie absetzt. Die spannende Frage sei nun, welche Menge dieses sogenannten Bio-Phosphats man aus dem Wasser zurückgewinnen kann. Erste Test im Labormaßstab waren nach Worten Michels »sehr erfolgversprechend«, so dass man hofft, das Verfahren auch in größerem Maßstab betreiben zu können.
Abschlussbericht 2016
Partner des Gießener Klärwerks, das eine hervorragende Phosphorelimination vorweisen kann – nach jüngsten Statistiken die zweitbeste in Hessen – sind die Düngekalkhauptgemeinschaft als Sponsor und die Heidelberg Cement AG, die den von Phosphor weitgehend befreiten Klärschlamm als Energielieferant bei der Zementherstellung schätzt. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Kompetenzzentrum für Materialfeuchte Karlsruhe. Ende April 2016 soll laut Abel der Abschlussbericht vorliegen.
Wie spannend das Thema ist, zeigen auch die Bachelor- und Masterarbeiten von Studierenden der Technischen Hochschule Mittelhessen, die sich parallel zur Forschung mit Phosphorrecycling bei den MWB beschäftigen.
Bericht: Gießener Allgemeine Zeitung vom 24.07.2014