Trockenlegung der Lahn in Gießen

FOTO: SCHEPP © Oliver Schepp

Trockenlegung der Lahn in Gießen: Wehr wird bis August zur Baustelle

von Jens Riedel

Die Lahn wird am Klinkel’schen Wehr bald für eine gewisse Zeit ihr Gesicht verändern. Grund sind Renovierungsarbeiten an dem knapp 50 Jahre alten Wehr.

Direkt nach Ostern starten spektakuläre Arbeiten am Klinkel’schen Wehr in der Lahn. Der Fluss wird vor dem Wehr gewissermaßen in zwei Hälften geteilt, die nacheinander künstlich trockengelegt werden, um am Wehr dringend notwendige Renovierungsarbeiten durchführen zu können. Die Baustelle soll sich bis in den August hinziehen. Der Übergang über das Wehr - der für Radfahrer und Fußgänger normalerweise frei ist - wird in dieser Zeit komplett gesperrt.

Vor gut vier Jahren waren die Arbeiten am Wehr schon einmal angekündigt worden. Damals hatte sich nach der Ausschreibung durch die Mittelhessischen Wasserbetriebe (MWB) aber kein Unternehmen gefunden, dass diese wahrlich nicht alltägliche Arbeit ausführen konnte. Jetzt aber hat die Firma Albert Weil aus Limburg zugesagt.

Die Kosten für die Baumaßnahme sollen etwas über eine Million Euro betragen, wie Oliver Friedl, Sachgebietsleiter für Wasserbau und Wasserwirtschaft bei den MWB, gegenüber der Gießener Allgemeinen Zeitung erklärt.

Wehr in Gießen: Stahlpfeiler am Wehr verrostet

Im Mittelpunkt der Arbeiten steht die Erneuerung der sogenannten Revisionsverschlüsse vor dem Wehr. Die im rund vier Meter tiefen Wasser verborgenen Verschlüsse werden immer dann gebraucht, wenn am eigentlichen Wehr etwas im Trockenen repariert werden muss. Die Revisionsverschlüsse bestehen aus drei Meter langen Stahlpfeilern, zwischen die bisher bei Bedarf Holz eingefügt wurde, so dass eine Sperre entstand, die das Wasser so ableitet, dass dort im Trockenen gearbeitet werden konnte. Taucher hatten bei einer routinemäßigen Überprüfung aber festgestellt, dass der fast 50 Jahre alte Stahl der Pfeiler schon stark gerostet ist und die Nutzungsgrenze erreicht hat. Nun müssen diese Stahlträger erneuert werden. Im gleichen Zuge wird das bisher als Sperre zwischen den Trägern genutzte Holz durch Aluminiumtafeln ersetzt.

Für den Austausch der Stahlpfeiler muss die Lahn so umgeleitet werden, dass die Arbeiter trockenen Fußes die Revisionsverschlüsse austauschen und neue Betonfundamente gießen können.

Wehr in Gießen: Arbeiten dauern bis in August hinein

Die Umleitung des Wassers - im Jahresdurchschnitt rauschen dort 20 Kubikmeter pro Sekunde entlang - soll mit BigBags geschehen. Das sind mit Sand gefüllte Säcke, die im Wasser eine Art Riegel oder Sperre bilden und das Wasser um die Baustelle herumleiten. »Das wird das größte Problem dieser Baustelle sein, das Wasser vom Wehr fernzuhalten«, sagt Oliver Friedl. Der Hauptwasserstrom der Lahn laufe an dieser Stelle aber zum Glück über die Klinkel’sche Mühle ab, wo mit dem Wasser Strom erzeugt werde, erklärt der MWB-Experte. Von Vorteil sei auch, dass die Lahn im Sommer normalerweise am wenigsten Wasser führe. »Bei längerem Regen und bei Hochwasser kann es aber sein, dass wir die Arbeiten unterbrechen müssen«, sagt Friedl. Deshalb sei August als geplanter Termin für das Ende der Arbeiten auch nur eine Schätzung.

Laut Friedl wird die Sanierung in zwei Bauabschnitten durchgeführt, da das Wehr aus zwei jeweils gut 20 Meter breiten Feldern besteht. Zunächst wird vor dem westlichen Feld gearbeitet und dafür die Westhälfte der Lahn trockengelegt. Sind diese Arbeiten dann erledigt, wechselt die Baustelle auf die andere Flussseite und es wird die östliche Lahnhälfte trockengelegt. Es ist die zweite größere Sanierung am Klinkel’schen Wehr binnen zehn Jahren. Im Herbst 2011 mussten Hydraulikzylinder ausgetauscht werden, da sie Öl verloren hatten. Auch damals war die Lahn abgesenkt worden.

Am westlichen Ufer der Lahn wird nun nach Ostern ein großer Kran aufgebaut, der einen 65 Meter langen Ausleger hat. Die Bootsrutsche für Kanuten und Paddler soll zunächst offen bleiben. Sie muss aber vielleicht zwischendurch immer mal kurzzeitig gesperrt werden, so dass Paddler ihre Boote dann ein paar Meter tragen müssen.

Die spektakulären Arbeiten am Klinkel’schen Wehr und in der Lahn lassen sich - wenn es soweit ist - von der Sachsenhäuser Brücke, vom Bootshaus und der Fischbeobachtungsstation »Lahnfenster« am Ostufer sowie vom Westufer des Flusses aus gut beobachten.


(Bericht der Gießener Allgemeinen Zeitung vom 29.03.2021)